Seit Anfang September steht auf dem Gelände der ehemaligen Polizeiakademie und in direkter Nachbarschaft zum Quartier Unterwiehre-Süd / "westlich der Merzhauserstraße" die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Freiburg. Viele Bürgerinnen und Bürger sind interessiert zu helfen, haben Ideen, die sie gerne für die Flüchtlinge anbieten möchten oder wollen dem Aufruf nach ehrenamtlicher Dolmetscherarbeit und Deutschkursangeboten nachkommen. Doch wie genau es um den Aufenthalt der Flüchtlinge in Freiburg bestellt ist und ob bei manchen vor Ort vielleicht das Gefühl entsteht, gleich nach dem Ankommen in Deutschland mit Hilfe geradezu konfrontiert zu werden, darüber erfährt man nur wenig. Wir haben uns für Sie mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der BEA getroffen um etwas mehr Klarheit auch über diese Fragen zu gewinnen.
QA: Erst einmal vielen Dank, das sie sich Zeit für dieses Gespräch nehmen. Sicher sind sie mit den Anfragen, Angeboten und Zuwendungen der Bürgerinnen und Bürger Freiburgs sehr beschäftigt. Aus welchen Institutionen besteht die BEA eigentlich?
BEA: Wir sind ein Verbund aus Mitarbeitern der Caritas, Diakonie und DRK und sind zuständig für die Sozial- und Verfahrensberatung der Flüchtlinge in der BEA, sowie für die Koordination der vielen Anfragen und Angebote von Bürgern, die sich ehrenamtlich einbringen und engagieren wollen. In der Sozial- und Verfahrensberatung geben wir u.a. Infos darüber, was die weiteren Schritte nach der Zeit in der BEA sind und geben Auskünfte zum Asylverfahren. Wir sind aber auch Ansprechpartner für die verschiedensten Problemlagen. Zeitgleich mit der Ankunft der Flüchtlinge hat ein erstes Team begonnen, diese Aufgaben zu übernehmen. Wir sind überwältigt von den vielen Angeboten, die uns immer noch erreichen und freuen uns über so viel Unterstützungsbereitschaft. Gleichzeitig ist es eine große Aufgabe die vielen Angebote zu sichten, erste Ideen auszuwählen, die Menschen, die dahinter stehen, kennenzulernen und gemeinsam die Umsetzung zu planen. Schnell kamen wir auch an räumliche Grenzen in der BEA. Aber auch hierfür hatten wir Angebote, Räume von Schulen, Jugendzentren, Kirchen-gemeinden etc. zu nutzen. Hierfür haben wir notwendige Abklärungen und Absprache zur Nutzung getroffen. Uns ist daran gelegen, ein längerfristiges Netz aus vielfältigen Angeboten für die Menschen, die in der BEA leben, zu schaffen. Wir freuen uns auch, dass sich in der kurzen Zeit Angebote „etabliert“ haben, die regelmäßig angeboten und mit großem Zuspruch angenommen werden. Aber auch einen ersten Dolmetscherpool aus Ehrenamtlichen konnten wir aufbauen, worüber wir sehr dankbar sind. So ist es gerade in der Beratung sehr hilfreich, wenn in der vertrauten Sprache berichtet werden kann, und dann eine adäquate Übersetzung möglich ist.
QA: BEA steht für „Bedarfsorientierte Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge“. Was genau sind die primären Aufgaben der BEA für die Flüchtlinge vor Ort?
BEA: Aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen und der damit einhergehenden aktuellen Überlastung in den LEAs (Landeserstaufnahmeeinrichtungen) wurden BEAs eingerichtet. Die BEAs stellen vor allem sicher, dass die Flüchtlinge ein Dach über dem Kopf haben und mit dem notwendigsten versorgt sind. Die Menschen, die in den BEAs untergebracht sind, warten darauf zur Registrierung, Gesundheitsuntersuchung und Asylantragstellung in die LEAs zu kommen, von wo aus sie dann auf die Kommunen verteilt werden.
QA: Wie viele Menschen leben denn derzeit in der Erstaufnahmeeinrichtung in Freiburg? Und welche Nationalitäten oder auch religiöse Herkunft trifft dort hauptsächlich zusammen?
BEA: Am 26. Oktober 2015 waren es etwas mehr als 900 Bewohner. Mehr als ein Drittel der Menschen kommen aus Syrien, ein weiteres Drittel kommt aus Afghanistan, ferner gibt es Flüchtlinge aus dem Irak, Eritrea, Nigeria, und anderen Ländern. Die Anzahl und länderspezifische Zusammensetzung kann sich indes mit jedem Transfer in Landeserstaufnahmestellen und Zugang von Flüchtlingen in die BEA Freiburg verändern.
QA: Schon auf den ersten Blick sind viele Kinder und Jugendliche zu sehen. Das heißt, es sind nicht nur hauptsächlich junge Männer, sondern eben auch Frauen mit Kindern und Familien. Kann man denn ein ungefähres Verhältnis aufzeigen?
BEA: Insgesamt gibt es schon sehr viele allein reisende Männer. Mit ca. 60% machen diese den größten Anteil aus. Darüber hinaus haben wir hier Familien (ca. 35% der Bewohner) und auch allein reisende Frauen (5%). Kinder und Jugendliche ohne Eltern leben nicht in der BEA. Diese werden nach Absprache mit dem Jugendamt in einer geeigneten Jugendhilfeeinrichtung in Obhut genommen. Aufgrund der Verteilung in den Zelten wird versucht, das Verhältnis zwischen Alleinreisenden und Familien die abreisen und neu kommen ausgewogen zu halten.
QA: Die Aufenthaltsdauer der Flüchtlinge hier in der Erstaufnahmeeinrichtung Freiburg liegt für einige Menschen nur bei zwei bis drei Wochen, bevor es für sie nach Karlsruhe oder in andere Erstaufnahmeeinrichtungen in Baden-Württemberg weitergeht. Was halten sie unter diesen fast rastlosen Bedingungen für das wichtigste, das den Menschen hier vor Ort angeboten werden sollte?
BEA: Wie lange jemand in der BEA sein wird, wissen wir nicht und können dies auch nicht prognostizieren. Das ist auch für die Bewohner schwer auszuhalten, abwarten zu müssen und nichts tun zu können. Deshalb ist es für uns wichtig mit verschiedenen Angeboten eine gewisse Tagesstruktur zu erreichen. Sei es durch Kreativangebote für Erwachsene und Kinder, verschiedene Spiel- und Sportangebote, aber auch durch die täglich stattfindenden Sprachkurse. Außerdem sind wir im Gespräch mit den Menschen und fragen sie, was sie gerne machen wollen oder was ihnen helfen könnte. Auch für die Ehrenamtlichen ist die Situation eine besondere Herausforderung. Eine regelmäßige und längerfristige Teilnahme der Flüchtlinge an den Angeboten kann nicht gewährleistet werden. Zudem lässt die Struktur der BEA den Aufbau von längerfristigen Beziehungen nicht zu. Es geht vielmehr darum, den Flüchtlingen während des Aufenthalts eine erste Orientierung und Begegnungsmöglichkeiten mit Freiburger Bürgern zu ermöglichen. Nicht zu wissen, wer beim nächsten Angebot teilnimmt, ist eine besondere Herausforderung. Es geht in dieser Tätigkeit nicht darum längerfristige Beziehungen zu knüpfen, sondern mehr den Moment zu leben und den Menschen in diesem Moment angenehme und schöne Erfahrungen zu ermöglichen, die Begegnung im Hier und Jetzt zu haben.
QA: Und wie viele Menschen bleiben überhaupt längerfristig in Freiburg?
BEA: Derzeit ist nicht davon auszugehen, dass die Menschen, die in der BEA leben, in Freiburg bleiben werden. Die Menschen werden nach der Gesundheitsuntersuchung auf die Kommunen verteilt. Diese Verteilung wird von Karlsruhe gesteuert.
QA: Eine Frage zur imaginären Liste der Vorurteile. Wie steht es in Wirklichkeit zum Beispiel um die finanzielle Situation der Flüchtlinge?
BEA: Die Bewohner in der BEA bekommen derzeit keinen monetären Zuwendungen.
QA: Zurück zum Thema der Hilfsangebote. Wie steht es in diesem Zusammenhang um das Interesse der Menschen vor Ort?
BEA: Viele der Bewohner wollen gerne Deutsch lernen. Aber auch die Sportangebote werden gerne in Anspruch genommen, ebenso die Spiel- und Kreativangebote. Als die ersten Deutschkurse für Kinder und Jugendliche begonnen haben, waren sowohl Kinder wie Erwachsene ganz aufgeregt. Die Kinder sind ganz stolz, wenn Deutschkurse für sie angeboten werden und sie in die „Schule“ gehen können. Sie würden gerne noch häufiger Unterricht in Anspruch nehmen und einige Erwachsene sind an Deutschintensivkursen sehr interessiert.
QA: Welche Sachzuwendungen oder Angebote aus der Bürgerschaft werden denn aus Sicht der BEA aktuell oder im Hinblick auf die kommenden Jahreszeiten als am sinnvollsten erachtet?
BEA: Jetzt, wenn viele Transfers stattfinden, wurde oft nach Taschen gefragt, in die sie ihre Dinge einpacken können. Also Taschen jeglicher Art (Reisetaschen, Sporttaschen …) Darüber hinaus benötigen wir noch Schuhe für Erwachsene, sowie Mützen, Schals, Handschuhe. Auch Imprägnierspray für die Schuhe in der nassen Jahreszeit wäre sehr von Nutzen. Darüber hinaus können wir für die Deutschkurse noch Schnellhefter und liniierte DIN A4 Blätter gebrauchen. Auch fänden wir noch Angebote ganz gut, bei denen gemeinsam Musik gemacht wird. Diesen Bereich haben wir bisher nicht aktiviert.
QA: Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg bei Ihrer Arbeit!
Wenn Sie als Bewohnerin und Bewohner des Quartiers Unterwiehre-Süd Fragen oder Ideen für Angebote haben, können Sie sich gerne mit dem Quartiersbüro in Verbindung setzen oder direkt eine E-Mail an die BEA schreiben: ehrenamt bea-freiburg.de
Sachzuwendungen können direkt am Tor der BEA in der Lörracherstrasse abgeben werden.