Hintergründe zu Straßennamen im sog. „Heldenviertel“:
Richthofenstraße: Nach dem deutschen Jagdflieger Manfred von Richthofen
Weddigenstraße: Nach dem deutschen Marineoffizier Otto Weddigen
Skagerrakstraße: Nach der größten Seeschlacht des Ersten Weltkrieges
oder dem Minenschiff der deutschen Kriegsmarine
Admiral-Spee-Straße: Nach dem deutschen Marineoffizier
Maximilian von Spee
Hermann-Löns-Straße: Zur Person Hermann Löns
Boelckestraße: Nach dem deutschen Jagdflieger Oswald Boelcke
Langemarckstraße: Nach dem Mythos von Langemarck
Die Verlinkungen zu den entsprechenden Wikipedia-Artikeln wurden am 27. Februar 2018 gesetzt.
Zum Artikel:
Die Gallwitzstraße im sog. „Heldenviertel“ in der Unterwiehre Freiburg, soll zukünftig Matthias-Erzberger-Straße heißen.
An der Bürgeranhörung am Mittwoch den 07. März 2018 nahmen, neben VertreterInnen der Bürgervereine, insgesamt 19 Bewohnerinnen und Bewohner der Gallwitzstraße teil.
Neben dem Bürgermeister Herrn von Kirchbach (SPD) der die Bürgeranhörung leitete, waren eine Vertreterin und ein Vertreter des Stadtarchives Freiburg anwesend.
Nach einer kurzen Einführung wie es zum Vorschlag der Umbenennung kommt, was die historischen Hintergründe des bisherigen und des kommenden Namensgebers sind und was auf die Anwohnerinnen und Anwohner der betreffenden Straße nach einer Umbenennung zukommt, eröffnete Herr von Kirchbach die Bürgeranhörung.
Im Vorfeld sind, nach Aussage von Frau Dr. Djabbarpour des Stadtarchives, bereits 110 schriftliche Rückmeldungen der Anwohnerinnen und Anwohner postalisch eingegangen, von denen sich 40 pro und 70 contra zur Umbenennung der Straße geäußert haben. Beispiele von inhaltlichen Begründungen wurden keine genannt.
In der Bürgeranhörung selbst, gab es eine große Übereinstimmung in der Frage, warum nur ein Straßenname im Stadtteil geändert werden soll. Zudem bestand Gemeinsamkeit in der Ansicht, dass den meisten Bürgerinnen und Bürgern der Name ’Gallwitz’ kein Begriff mehr und somit eine Umbenennung nicht zwingend notwendig sei. Ebenfalls waren sich die meisten darüber einig, dass es für jede Privatperson ein enormer Aufwand sei, die Amtsgänge zur Umschreibung der Personendokumente und folgend auch aller weiteren Stellen vorzunehmen. Diesbezüglich wurde von einem Bewohner der Vorschlag für die Schriftstellerin Sophie Gallwitz als Alternative eingebracht. Allerdings würde die Straße dann trotzdem in ’Sophie D. Gallwitz Straße’ umbenannt werden, da man sich städtisch darauf verständigt hat, Vor- und Nachnamen der Personen zu verwenden.
Der Gedanke, dass mit der Umbenennung ein Stück deutscher Kriegsgeschichte ’getilgt’ werden soll, wird bereits durch die formulierte Vorankündigung einer Erläuterung, warum die Umbenennung erfolgt sei, ausgeräumt.
In Bezugnahme auf die Äußerung, dass der Name ’Gallwitz’ für die meisten Menschen kein Begriff mehr sei, schließt sich die Frage an, warum die Zusatzschilder mit den Erläuterungen zu den einzelnen Personen unter den Straßenschildern entfernt wurden. Schließlich sei mit der Beibehaltung der einstigen "Heldennamen" eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit das heutige Ziel. Ein Ziel, welches nur erreicht werden kann, wenn man über die Personen informiert wird bzw. sich aktuell selbst Informationen sucht.
Alle geäußerten Rückmeldungen, Einwände und Vorschläge, werden dem Gemeinderat für ein umfassendes Meinungsbild der Bewohnerinnen und Bewohner vorgelegt. Am 24. Juli 2018, so geplant, wird der Gemeinderat dann in einer öffentlichen Sitzung über die Straßenumbenennung abschließend entscheiden.
Darauf folgt die amtliche Bekanntmachung der Umbenennung der Straße im Freiburger AMTSBLATT, woraufhin eine vierwöchige Frist entsteht, um entgegen dieser Umbenennung einen Widerspruch zu äußern.
Nun darf man auf das Ergebnis des Gemeinderates gespannt sein.
Ab hier der Artikel vom Stand des 27. Februar 2018:
Seit dem Jahre 1934 ist die Gallwitzstraße in Freiburgs Unterwiehre nach Max von Gallwitz, einem General des Ersten Weltkrieges benannt. Bereits nach einem kurzen Blick auf den Wikipedia Artikel zu Max von Gallwitz wird ersichtlich, warum das sogenannte „Heldenviertel“ mit seinen Straßennamen nicht nach dem heutigen demokratischen Grundverständnis unserer Gesellschaft als ’Heldenviertel’ bezeichnet werden kann.
Ein erster Schritt in diesem Sinne soll nun (nach mehreren Anläufen in der Vergangenheit) mit der Umbenennung des Straßennamens in Matthias-Erzberger-Straße stattfinden.
Wie kam es zu dieser Entscheidung?
„[Aufgrund] von Anfragen, Beschwerden und lokalen Aktionen im Hinblick auf einzelne Straßennamen hat die Stadt Freiburg im Jahre 2012 entschieden, sich – wie schon andere Städte zuvor – dieser Problematik zu stellen und die Freiburger Straßennamen durch eine Expertenkommission wissenschaftlich überprüfen zu lassen. In ihrem Abschlussbericht empfahl die Kommission zur Überprüfung der Freiburger Straßennamen die Umbenennung von zwölf Straßen aufgrund der schwerwiegenden Belastung der Namensgeber. Dieser Empfehlung hat der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 15.11.2016 beschlossen grundsätzlich zu folgen und die Verwaltung mit der Prüfung und Einleitung der Umbenennungsverfahren zu beauftragen.“
(Zitiert nach dem Einladungsschreiben: „Anhörung zur Umbenennung der Gallwitzstraße in Matthias-Erzberger-Straße“; Stadt Freiburg; 14.02.2018)
Wer kommt da und wer geht da eigentlich?
Hintergründe zur Entscheidungsfindung.
„Die Auswahl von Matthias Erzberger (1875 - 1921) als neuer Namensgeber erfolgte, da mit seinem Namen die herausragende Lebensleistung eines Politikers verbunden ist, der für seine rechtsstaatliche Überzeugung ermordet wurde. Matthias Erzberger unterzeichnete als Bevollmächtigter der deutschen Regierung und Leiter der Waffenstillstandskommission 1981 in Compiégne den Waffenstillstand mit den Alliierten zur Beendigung des Ersten Weltkrieges. Erzberger war wegen seiner Befürwortung des Versailler Vertrages und seiner Steuerreform zur Sanierung der Reichsfinanzen Opfer rechtsradikaler Hetze geworden. Er wurde 1921 von politischen Gegnern in Bad Griesbach im Schwarzwald ermordet. […] [Mit] Matthias Erzberger [konnte] ein Politiker benannt werden […], der am Ende des Ersten Weltkrieges aktiv für Frieden und Rechtsstaatlichkeit eingetreten war und dem blinden Militarismus eines Max von Gallwitz ein Ende gesetzt hatte.“
(Zitiert nach dem Einladungsschreiben: „Anhörung zur Umbenennung der Gallwitzstraße in Matthias-Erzberger-Straße“; Stadt Freiburg; 14.02.2018)
Nach der Umbenennung der Gallwitzstraße soll ein Zusatzschild die Gründe der Umbenennung erläutern: „Diese Straße war von 1934 – 2018 nach Max von Gallwitz benannt – General im Ersten Weltkrieg. Die Umbenennung erfolgt aufgrund seiner Mitverantwortung für die Fortsetzung des aussichtslosen Krieges. Später unterstützte er die nationalsozialistische Bewegung.“
(Zitiert nach dem Einladungsschreiben: „Anhörung zur Umbenennung der Gallwitzstraße in Matthias-Erzberger-Straße“; Stadt Freiburg; 14.02.2018)
Nach der Projektvorstellung und der Bürgeranhörung am 7. März 2018 wird der Gemeinderat als zuständiges Gremium über die Umbenennung abschließend entscheiden.
Bereits 1996 waren die Straßennamen im Stadtteil Unterwiehre Thema in Freiburg: Hier der Link zu einem offenen Brief an die BewohnerInnen des Stadtteils Unterwiehre von einer Gruppe ohne Namen im Jahre 1996.